Nach knapp 1 1/2 Jahren des Wartens und rund 70 Stunden Spielzeit habe ich endlich auch Cyberpunk durchgezockt und kann nun auch mal meinen Senf dazu abgeben.
CDPR liefert mit Cyberpunk wieder einmal richtig ab, wenn auch natürlich mit Verzögerung und all den Nebengeräuschen der vergangenen 15 Monate seit Release. Das mit dem Spiel immer auch der problematische Release in Verbindung gebracht wird ist schade, denn das hat das Spiel, so wie es heute ist, nicht verdient.
Richtig rund und fehlerfrei ist es allerdings noch immer nicht und wird es wohl auch nie zu 100% sein. Imo fühlt sich das ganze halt jetzt wie eine ungepatchte Releaseversion an. Fehlerhafte Animationen, KI Fehler, verschwindende Objekte, Clippingfehler etc. finden sich weiterhin zu Hauf in Cyberpunk. Nicht davon ist allerdings wirklich gamebreaking, in der Häufigkeit zieht es allerdings immer wieder die Atmosphäre nach unten. Das ist natürlich für ein Spiel das so von seiner Atmosphäre lebt wie CP2077 hin und wieder problematisch.
Herausragend sind die Missionen der Hauptstory, nicht nur erzählerisch, sondern auch hinsichtlich spielerischer Abwechslung und Kulisse fährt hier Cyberpunk mächtig auf und liefert durch die Bank beeindruckende und manchmal auch bedrückende Setpieces. Aber auch viele der Nebenaufgaben und Sidestorys sind hervorragend geschrieben und spannend inszeniert, ganz so wie man es von CDPR gewohnt ist.
Dabei ist das Tempo der Hauptgeschichte sehr hoch, fast schon zu hoch. Konzentriert man sich nur auf die Hauptaufgaben sollte man kaum länger als 20 Stunden benötigen.
Leider bricht gerade gegen Ende das Pacing komplett ein und degradiert den Spieler nahezu komplett zum Zuschauer bzw. Zuhörer. Von den letzten 10 Spielstunden habe ich gefühlt nur eine gespielt, zwei Stunden hinter Leuten hergelaufen und sieben Stunden Dialogen gelauscht. Das war dann irgendwann doch anstrengend. Es zieht sich leider zum Schluss etwas, gerade wenn man vor dem Finale die Sidequests erledigen will.
Ein weiteres Highlight ist Night City, ein visuell beeindruckender und wahnsinnig atmosphärischer Schauplatz. Ich bin am Schluss noch die 8 fehlenden Locations der Tarotkarten Mission komplett mit dem Auto abgefahren, einfach um die Stadt nochmal zu erleben.
Wie schon im Elden Ring Topic geschrieben ist die Stadt allerdings nur eine Kulisse, etwa vergleichbar wie bei einem Mafia. Weder wird man durch interessante Spots zum erforschen ermutigt, CP2077 folgt der etablierten Open World Spielstruktur, noch kann man verrückte Dinge wie in einem GTA veranstalten. Das ist mMn aber kein valider Kritikpunkt, liegen die Qualitäten von CP einfach komplett im narrativen Bereich und stellt in dem Bereich auch fast alles in den Schatten.
Trotzdem hätte ich mir, ob des generierten Hypes und der Ankündigungen im Vorfeld, gerade hinsichtlich einer Stadtsimulation durch glaubwürdiges NPC Verhalten, mehr erwartet. Das ist schon recht Basic und erfüllt letztendlich auch nur die Notwendigkeit einer atmosphärischen Kulisse. Night City ist ein Ort zum erleben und nicht zum leben.
Spielerisch ist das ganze grundsolide, gerade das Hacken ist spaßig umgesetzt. Als Netrunner wird man auch schön mächtig und erledigt ganze Gegnerlager unbemerkt ohne einen Schuß abzufeuern.
Alles in allem ist CDPR mit Cyberpunk wieder ein teilweise herausragendes RPG gelungen, zudem in einem recht frischen und absolut überzeugendem Setting, bei dem ich aber immer wieder das Gefühl habe das noch so viel mehr drin gewesen wäre… aber dann hätten wir es vermutlich vor 2077 auch nicht gespielt. Von einem Witcher 3 ist man meiner Meinung nach aber ein ganzes Stück entfernt, wobei ich natürlich hier die gesamte Witcher Trilogie und vor allem auch den herausragenden Blood&Wine DLC im Kopf habe. Auf geile DLCs hätte ich auch hier mächtig Bock.
CP2077 ist in der jetzigen Form ein Pflichttitel!