Cell gegen Doppel-Pentium
Auf dem neuen Superchip Cell werden mehrere Betriebssysteme gleichzeitig arbeiten können. Der von IBM, Sony und Toshiba entwickelten Prozessor wird zehnmal schneller rechnen als heutige Pentium-Chips. Auch Intel und AMD arbeiten an ähnlichen Prozessoren.
Muss Intel um seine Vormachtstellung auf dem Prozessormarkt bangen? Das glauben zumindest die Entwickler von Cell, dem neuen Superchip der Firmen IBM, Sony und Toshiba. Der Chip soll ist zehnmal schneller als heutige PCs arbeiten und kann sowohl in Spielkonsolen oder als auch in PCs eingesetzt werden, wie die Entwickler am Montagabend in San Francisco bekannt gaben. In den meisten heutigen Rechnern steckt ein Prozessor von Intel und das Betriebssystem Windows von Microsoft. Die beiden Firmen haben eine Vormachtstellung auf dem Computer-Markt.
Cell wurde speziell für anspruchsvolle Multimedia-Anwendungen konzipiert. Fest steht, dass Cell bei der dritten Generation von Sonys Spielkonsole Playstation zum Einsatz kommen wird. Toshiba will den Prozessor bereits in diesem Jahr in Fernsehgeräte einbauen. IBM will ebenfalls noch in diesem Jahr eine Cell-Workstation verkaufen.
Der neue Chip enthält mehrere Kerne (Multicore-Technologie), die gleichzeitig verschiedene Aufträge bearbeiten können. So wird erwartet, dass auf einem Cell-Prozessor mehrere Betriebssysteme gleichzeitig laufen können, etwa Windows und Linux. Ein Heimanwender könnte zum Beispiel an einem Windowsprogramm arbeiten, während gleichzeitig unter Linux eine Media-Center-Software das Fernsehprogramm aufzeichnet oder ein Videospiel läuft. Bestätigt wurde bislang allerdings nur, dass Cell von Linux unterstützt wird.
Der Superchip soll nach Informationen der Nachrichtenagentur AP mit mehr als 4 Gigahertz getaktet werden. Der aktuell schnellste Pentium-Chip schafft 3,8 Gigahertz. Eine hohe Taktfrequenz allein ist jedoch nicht unbedingt die beste Strategie, weil mit höherer Taktung auch Verlustströme und damit die Hitzeentwicklung zunehmen. Angaben zu Stromverbrauch und möglicher Kühltechnik machten die Cell-Entwickler bisher keine.
IBM hatte gemeinsam mit Motorola und Apple bereits in den 90er Jahren mit dem Power PC ein Konkurrenz-Modell zu den Intel-Prozessoren entwickelt. Die Architektur wird zwar bis heute in Apple-Rechnern eingesetzt, doch Intel ist weiterhin Marktführer.
Intel und ebenso der Prozessorhersteller AMD arbeiten an eigenen Multicore-Prozessoren, die noch in diesem Jahr auf den Markt kommen sollen. Intel hat sogar schon offiziell die Produktion eines Chips mit zwei Prozessorkernen (Dual Core) aufgenommen, wie das Unternehmen am Dienstag in Santa Clara mitteilte. Die Auslieferung der neuen Chips soll im Laufe des zweiten Quartals beginnen.
Nach Darstellung des Intel-Konzerns läutet die neue Generation eine Ära ein, in der zwei oder mehrere "Herzen" in einem Personal Computer schlagen. Der Pentium Extreme Edition werde sogar vier statt zwei Software-Aufgaben gleichzeitig bearbeiten können, hieß es.
Möglicherweise wird US-Konkurrent AMD nach der Ankündigung des Branchenführers seine Pläne ändern und nun noch vor dem Sommer seinen angekündigten Dual-Core-Chip in den Handel bringen.
Spiegel-Online