Es geht weiter.
Gekränkte Azzurri sinnen auf Rache
Das WM-Halbfinal-Duell zwischen Deutschland und Italien am Dienstag entwickelt sich im Vorfeld zur Medienschlacht.
Auslöser war eine Glosse von "Spiegel-Online", die sich am vergangenen Mittwoch über den italienischen Mann im Allgemeinen und den Spieler der "Squadra Azzurra" im Besonderen lustig machte. Mit Stereotypen aus der Mottenkiste hatte der Autor die Italiener an der Ehre gepackt. Der Artikel, als Glosse gedacht, doch überm Brenner nicht als solche identifiziert, karikierte den italienischen Mann als "parasitäre Lebensform". Es wurde nichts ausgelassen: Schmierige Typen, die an Mutters Rockzipfel hängen. Spieler, die keine Gelegenheit auslassen, Fouls zu schinden und dabei noch in die Kamera grinsen.
"Sie haben uns massakriert"
Stein des Anstoßes für die Schimpftiraden auf Luigi und Co. war der fragwürdige Foulelfmeter, den Fabio Grosso in der Schlussphase gegen Australien herausgeholt hatte und den "Azzurri" das Weiterkommen ermöglichte. Die Reaktion jenseits der Alpen ließ nicht lange auf sich warten. "Sie haben uns massakriert" entrüstet sich die "Gazzetta dello Sport" und fordert stellvertretend für eine ganze Nation Rache. Im Halbfinale gegen Deutschland solle die "Squadra Azzurra jetzt die passende Antwort geben". Auch der "Corriere dello Sport" fordert Revanche. "Sie haben und als Parasiten beschimpft. Wir haben es stillschweigend geschluckt. Nun wird es Zeit, sie im eigenen Stadion zu schlagen."
Cannavaro und Gattuso kontern
Von stillschweigend kann allerdings keine Rede sein. Noch bevor sich die Italiener für das Halbfinale qualifzierten, drängten die Rachegelüste sogar den Manipulationsskandal zeitweise in den Hintergrund. "Ich fühle mich als Italiener und als Kapitän der Nationalmannschaft beleidigt", gab Fabio Cannavaro auf einer Pressekonferenz zu Protokoll. Besonders gekränkt zeigte sich Mittelfeldspieler Gennaro Gattuso, der eine verwegene Theorie aufstellte: "Der Autor hat sich wahrscheinlich dafür gerächt, dass seine Frau mit einem Italiener fremd gegangen ist."
Olle Kamellen
Doch damit nicht genug: Seitdem der Klassiker im Halbfinale feststeht, werden in den italienischen Medien angeblich Italien-feindliche Zitate hervorgekramt. So hatte Franz Beckenbauer vor der WM gemutmaßt, die "Azzurri" würden die Folgen ihres Manipulationsskandals im Turnier spüren. Jetzt soll die "Nazionale" es dem "Kaiser" mit Toren heimzahlen. Ebenfalls "aufgewärmt" wurden Karl-Heinz Rummenigges unflätige Worte ("Das sind mafiöse Methoden") gegen den damaligen Juventus-Manager Luciano Moggi. Der Bayern Vorstandsvorsitzende hatte sich über die Methoden Moggis echauffiert, der im vergangenen Winter Willy Sagnol den Münchnern wegschnappen wollte. Dass er damit nicht ganz daneben lag, steht auf einem anderen Blatt.
"Das deutsche Team ist unbegabt"
Schlecht weg kommt auch die deutsche Nationalelf. Ihr wird zwar eine kämpferisch tadellose Leistung querbeet durch alle Medien attestiert, doch sei sie der italienischen Elf in allen Mannschaftsbereichen unterlegen. "Das deutsche Team ist unbegabt, auch wenn sie sich bisher mit großem Eifer und Mut durchgekämpft hat", schreibt der "Corriere dello Sport". Ihr größtes Plus sei die Unterstützung der Fans: "Sie hat das gesamte Volk im Rücken."
Noch immer die "Panzer"
Demgegenüber habe die italienische Elf wesentlich mehr Qualität zu bieten – nicht nur in der Abwehr. "Im Mittelfeld hat der gefeierte Ballack kaum einmal das Spiel an sich gerissen", analysierte das Römer Blatt. Die Spieler der Lippi-Elf hätten eine bessere Technik, mehr Persönlichkeit und die größere internationale Erfahrung. Noch immer werden die deutschen Spieler in den italienischen Medien gerne als "Panzer" bezeichnet. Bleibt zu hoffen, dass sie genug Munition hat, um gezielt zurückzuschießen.
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