FIFA-Boss gerät weiter unter Druck
Rauball fordert Blatter zum Rücktritt auf
Mit Dr. Theo Zwanziger und Reinhard Rauball sind zwei hochrangige deutsche Fußball-Funktionäre auf Distanz zu FIFA-Präsident Joseph Blatter gegangen. FIFA-Exekutivmitglied und Ex-DFB-Präsident Zwanziger mahnte eine weitergehende Aufklärung der Korruptionsaffäre und vor allem Konsequenzen daraus an. Ligapräsident Rauball wurde noch deutlicher und forderte sogar den schnellstmöglichen Rücktritt Blatters.
Rauball sagte der Tageszeitung "Die Welt" (Samstag-Ausgabe): "Nach dem derzeitigen Stand sollte Sepp Blatter seine Amtsgeschäfte schnellstmöglich in andere Hände geben. Für einen Reformprozess braucht die FIFA jemanden, der gewillt ist, einen Neuanfang zu machen." Die Begründung Rauballs: Der FIFA-Präsident habt, wenngleich auch erst deutlich später, Kenntnis von den Schmiergeldzahlungen gehabt. "Deshalb hat er die Sorgfaltspflicht gegenüber den Mitgliedsverbänden nicht erfüllt", so Rauball.
Der Ligaboss forderte auch die Aberkennung der Ehrenpräsidentschaft von Joao Havelange auf einem einzuberufenen außerordentlichen FIFA-Kongress. Dort müssten "alle Fakten auf den Tisch gelegt werden", so der BVB-Präsident. Denn: "123 Millionen Franken soll ISL insgesamt an Funktionäre gezahlt haben. Belegt ist, dass Havelange und (dessen brasilianischer Landsmann) Ricardo Teixeira rund 14 Millionen davon bekommen haben. Nur etwas mehr als zehn Prozent der Gesamtsumme sind also aufgeklärt. Wo ist das restliche Geld geblieben?"
Auch Zwanziger äußerte sich entsetzt über die öffentlich gewordenen Details der Schiergeldaffäre: "Ich muss ehrlich zugeben, es bedrückt mich sehr, was ich dort lesen musste", sagte Zwanziger nach dem intensiven Studium der Akten und forderte neben Konsequenzen für Ehrenpräsident Joao Havelange auch eine rückhaltlose Aufklärung: "In der Einstellungsverfügung sind viele Informationen enthalten, die von unabhängiger Seite nochmals überprüft werden müssen. Auch unter ethischen und moralischen Gesichtspunkten. Ohne Rücksicht auf Namen, Nationalitäten oder was auch immer", sagte Zwanziger am Freitag der Nachrichtenagentur dpa und fügte hinzu: "Gleiches gilt übrigens auch für die WM-Vergaben nach Katar, Russland und alle weiteren Dinge, um die sich viele Gerüchte ranken."
Zwanziger: "Schmiergelder waren schon immer Schmiergelder"
Anders als Blatter verurteilte Zwanziger die zwischen 1989 und 2001 vom mittlerweile insolventen Medien- und Marketingunternehmen ISMM/ISL geleisteten Provisionszahlungen an hochrangige FIFA-Funktionäre, von denen lediglich der langjährige FIFA-Boss Havelange Teixeira namentlich bekannt sind. Zwanziger: "Auch wenn die Zahlungen der ISL an Funktionäre der FIFA und anderer Sportverbände zur damaligen Zeit juristisch nicht oder nur schwer strafbar gewesen sind, so sind sie unter ethischen Gesichtspunkten einfach unanständig. Gerade für einen Verband, der in seiner Satzung das Gebot des Fair-Play verankert hat. Denn aus moralischer Sicht waren Schmiergelder schon immer Schmiergelder!"
Blatter, der erst als Generalsekretär und ab 1998 als Präsident die Geschicke der FIFA maßgeblich bestimmt, hatte seine Hände nach dem Bekanntwerden der Details in Unschuld gewaschen und die Zahlungen verharmlost. "Ich kann nicht von einem Delikt gewusst haben, welches keines war", erklärte der Schweizer. Konsequenzen für Havelange lehnte Blatter ab: "Es liegt nicht in meiner Kompetenz, ihn (Havelange) zur Rechenschaft zu ziehen", sagte er.
kicker.de