Ballack scheint sich auch angesprochen zu fühlen:
Breite Front gegen Kahn
Mehrheitlich mit Unverständnis haben Aktive und Trainer aus der Fußball-Bundesliga auf die Anklage Oliver Kahns reagiert, viele Profis würden sich vor Länderspielen drücken. Selbst aus dem eigenen Club bekommt der Münchner Nationalkeeper einiges zu hören.
Hamburg - "Das ist doch Quatsch. Bei jedem Länderspiel gibt es Absagen. Gegen Italien wäre jeder froh, wenn er spielen könnte. Er regt sich über die vielen Absagen auf, dabei war er zuletzt in Bremen gegen Serbien und Montenegro auch nicht dabei", konterte Ballack Kahns Angriffe. Solche Vorwürfe seien zu pauschal. "Er hat ja keinen Einblick, wie verletzt ein Spieler wirklich ist. Wenn er einen bestimmten Spieler meint, muss er ihn nennen", so der Bayern-Spielmacher, der am Mittwochabend im Stuttgarter Gottlieb-Daimler-Stadion wegen einer Wadenverletzung fehlen wird.
Auch Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hält die Kritik des Nationaltorhüters für überzogen. "Das Verhältnis des DFB zu den Clubs war nie unaufgeregter als heute. Die Kommunikation funktioniert", so Rummenigge in der "Welt". Der Münchner Cheftrainer Ottmar Hitzfeld ging ebenfalls auf Distanz zu Kahn: "Da kann man geteilter Meinung sein. Es gibt Verletzte, die können eben nun mal nicht zur Nationalmannschaft kommen und können auch nicht spielen. Alles andere sind Vermutungen."
Der Berliner Bundesliga-Manager Dieter Hoeneß ("Es gibt überhaupt keine Rückentwicklung") wunderte sich über Kahns Attacke. Hertha stünde bei den Abstellungen an der Spitze. Arne Friedrich - der Abwehrspieler muss das Italien-Länderspiel ebenfalls absagen - sei ein Musterbeispiel, so Hoeneß: "Er hat in der vergangenen Saison zuletzt nicht für Hertha gespielt, sich aber für die EM-Qualifikation zur Verfügung gestellt." Kahn solle sich, "erst einmal mit den Verletzungen beschäftigen, ehe er so etwas äußert". Im Fall Friedrich sei die Kritik "lächerlich".
Unterstützung erhielt Kahn hingegen von Stuttgarts Trainer Felix Magath. "Heutzutage hat eine Nominierung für die Nationalmannschaft nicht mehr den Wert wie noch zu meiner Zeit. Da fällt eine Absage schon mal leichter, zumal die Mentalität einfach eine andere geworden ist", sagte der 50-Jährige, "es wird wegen jedes Wehwehchens gleich zum Arzt gerannt. Und die Mediziner raten nun mal schnell zum Pausieren."
Kahn hatte ebenso wie der Berliner Stürmer Fredi Bobic am Dienstag die Weichei-Mentalität einiger Berufskollegen scharf kritisiert. "Es kann in Zukunft nicht mehr sein, dass Spieler auf Druck der Vereine nicht kommen, weil der Zeh im linken Fuß schmerzt." Die Profis sollten sich ein Beispiel an den Brasilianern nehmen: "Die kommen selbst zu Länderspielen, wenn sie den Kopf unter dem Arm tragen."
Bobic hatte gefordert, "sich zumindest im DFB-Quartier blicken und behandeln lassen, auch wenn man nicht ganz fit ist". Gegen Italien (20.45 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) fehlen DFB-Teamchef Rudi Völler insgesamt acht Spieler, unter anderem Ballack, Dietmar Hamann,
Torsten Frings und Christoph Metzelder.