Hab Euch nicht vergessen ...
Meine Lizentiatsarbeit war ein herausragender Erfolg, und ich möchte mich bei allen bedanken, die mich unterstützt haben.
Ich habe versprochen die Kernergebnisse der Studie zusammenfassend zu erläutern - das habe ich natürlich nicht vergessen. Es ist nur so, dass ich gleich nach der Arbeit nichts mehr vom Thema wissen wollte (war ziemlich ausgebrannt) und derzeit bin ich bereits wieder im Abschlussstress (nach der Lizentiatsarbeit nun die Lizentiatsprüfungen, die LA war der erste Teil davon).
Ich werde mich deshalb etwas kurz fassen, u.U habe ich Gelegenheit eine ausführlichere Darstellung nachzuliefern, aber ich möchte nicht zuviel versprechen. Evtl. wird meine Arbeit später auch online zu erwerben sein oder zur Verfügung stehen.
Insgesamt fand ich 9 Motive der Videospielnutzung von 35-65-Jährigen:
- Als Hauptmotiv stellte sich das von mir mit "Fantasie" bennante Motiv heraus. 60% der Befragten spielen Videospiele um eine aufregende und spannende Geschichte zu erleben und um Dinge kennen zu lernen und zu tun, die real nicht getan werden können oder dürfen.
- Das zweitstärkste (=zweithäufigst genannte) Motiv (noch 46.3% Zustimmung) war "Optimaler Eskapismus": Eintauchen in und Verschmelzen mit der Spielwelt und die Umwelt vergessen.
- Für einen grossen Teil war das Motiv "Herausforderung" ebenfalls bedeutend: Herausgefordert werden, die eigenen Fähigkeiten testen und sich im Wettkampf messen.
Neben diesen dreien fanden sich noch sechs
weitere Motive, die allerdings nur noch von Minderheiten (wenn auch z.T. durchaus beachtlichen) genannt wurden (der Reihenfolge nach in ihrer Bedeutung abnehmend):
- Gute Laune (Spielen um die gute Laune zu erhalten/zu verbessern)
- Orientierung/Information (... um auf dem neuesten technologischen Stand zu bleiben)
- Zeitvertreib (... um die Zeit zu vertreiben, Langeweile zu überbrücken)
- Abbau negativer Befindlichkeit (Ärger, Stress, Frustrationen und Aggressionen abbauen, Probleme vergessen, Abschalten)
- Geselligkeit (... es mit Freunden gesellig zu haben, mehr über MitspielerInnen zu erfahren, neue Freunde kennen zu lernen) und
- Kontrolle (... Kontrolle und Macht zu erfahren, Gefühle der Macht, des Einflusses und der Selbstwirksamkeit zu empfinden, Konflikte mit Mitmenschen zu vergessen).
Soviel zu den Zuwendungs-/Nutzungsmotiven. Ich fragte aber auch noch, welchen Nutzen die SpielerInnen aus dem Spiel zogen. Es fanden sich sieben mit den Motiven korrespondierende Nutzen.
- Fantasievoller Eskapismus wurde von der überwiegenden Mehrheit genannt: Man kann in die Spielwelt eintauchen und mit ihr verschmelzen, eine Geschichte erleben und sich mit der Spielfigur identifizieren, die Umwelt vergessen und Aufregung und Spannung empfinden.
- Ebenfalls eine Mehrheit berichtete davon eine Herausforderung gefunden zu haben: Man konnte Herausforderungen annehmen, die eigenen Fähigkeiten testen und sich im Wettkampf messen, sich erfolgreich fühlen.
- Eine relative Mehrheit (37.4% zu 34.7%, Rest wählte "trifft mittelmässig zu") bekräftigte schliesslich, durch das Videospielen auf dem neuesten technologischen Stand zu bleiben (Nutzen "Orientierung/Information").
Keine Mehrheiten (aber wiederum durchaus beachtliche Anteile) fanden die vier
weiteren Nutzen:
- Zeitvertreib
- Geselligkeit
- Kontrolle
- Abbau negativer Befindlichkeit
Inhaltlich und in ihrer Ausprägung entsprechen die Nutzen weitestgehend den Motiven, woraus sich schliessen lässt, dass Videospiele sehr gut im Befriedigen bestimmter Bedürfnisse (die sich in Motiven äussern) sind (tatsächlich wesentlich besser als das Fernsehen, wie Vergleiche zeigten).
Es gelang mir ausserdem meines Wissens erstmals im deutschsprachigen Raum Erkenntnisse über die demographischen Merkmale und Nutzungsmerkmale von VideospielerInnen über 35 Jahren zu sammeln. Insgesamt war meine Lizentiatsarbeit eine äusserst arbeitsaufwändige, aber lehrreiche und durchweg gelungene Sache.
Bei Fragen dürft ihr hier gerne auf mich zukommen, wie erwähnt ist aber mein Zeitbudget derzeit etwas knapp, weshalb die Antwort vielleicht etwas auf sich warten lässt oder eher knapp ausfällt.
Edit:
Übrigens:
Das Videospiel bzw. die 50 Euro "Anzahlung" an ein Videospiel hat "Ocin" aus dem Maniac-Forum gewonnen! Er investierte sie nach eigenen Angaben in die UK-Version von Gears of War für die XBox 360. An seriösen Studenten-Umfragen teilnehmen lohnt sich eben doch! (...wenn auch in eher bescheidenem Masse)