Rangliste Mittelfeld defensiv
Weltklasse
1. Michael Ballack (Bayer Leverkusen) 25 (IK)
Internationale Klasse
2. Dietmar Hamann (FC Liverpool) 28 (IK)
3. Carsten Ramelow (Bayer Leverkusen) 28 (K)
Im weiteren Kreis
4. Sebastian Kehl (Borussia Dortmund) 22 (B)
5. Stefan Beinlich (Hertha BSC) 30 (-)
6. Silvio Meißner (VfB Stuttgart) 29 (B)
7. Miroslav Karhan (VfL Wolfsburg) 26 (-)
8. Radoslav Kaluzny (Engergie Cottbus) 28 (B)
9. Thorsten Fink (Bayern München) 34 (K)
Blickfeld
Fabian Ernst (Werder Bremen 23 (K)
Marian Hristov (1. FC Kaiserslautern) 28 (-)
Jens Jeremies (Bayern München) 28 (-)
Peer Kluge (Bor. Mönchengladbach) 21 (-)
Marcus Lantz (Hansa Rostock) 26 (B)
Torben Marx (Hertha BSC) 21 (-)
Peter Nielsen (Bor. Mönchengladbach) 34 (B)
Thomas Riedl (1. FC Kaiserslautern) 26 (-)
Zvonimir Soldo (VfB Stuttgart) 34 (K)
Tomas Ujfalusi (Hamburger SV) 24 (B)
Kommentar kicker.de
Frankfurt am Main, der Tag nach dem WM-Finale. Es war dieser eine Moment, der mehr als jeder andere verdeutlicht, zu welcher Persönlichkeit dieser Mann gereift ist. Rudi Völler hatte vom Balkon aus zu den euphorisch jubelnden Fans gesprochen. Klar, gehört sich so als Teamchef. Auch Oliver Kahn hatte das Mikrofon ergriffen. Klar, gehört sich so als Kapitän. Und wer war der nächste Redner? Michael Ballack.
Klar, gehört sich so als Star, könnte man jetzt sagen, und doch war es bemerkenswert, dass nach Völler und Kahn eben Ballack das Wort ergriff auf dem Römerberg. Dort endete für den 25-Jährigen eine Halbserie, die alles beinhaltete: Lachen und Weinen, Tore und Trauer, unendlich viel Lob und viel Anerkennung.
Wer warum wo steht
Der Gastkommentar von Guido Buchwald
Ballacks Treffer in der Ukraine und sein Doppelpack im Rückspiel brachten Deutschland überhaupt erst zur Weltmeisterschaft. Acht Bundesliga-Tore im Jahr 2002 brachten Bayer Leverkusen so unglaublich dicht heran an die Meisterschaft. Ballacks Treffer, zwei gegen Liverpool, einer in Manchester, brachten Bayer ins Finale der Champions League, 1:2 gegen Real Madrid. Im DFB-Pokal traf der gebürtige Görlitzer in diesem Jahr, dem Bewertungszeitraum der Rangliste, nicht, aber er dirigierte, grätschte, kämpfte und zauberte wie eh und je und brachte Bayer ebenfalls ins Endspiel, 2:4 gegen Schalke.
Und schließlich waren da ja noch die Spiele in Japan und Südkorea, die neben Oliver Kahn aus deutscher Sicht einen Protagonisten kannten: Michael Ballack. Tor im Viertelfinale gegen die USA, Tor in der Vorschlussrunde gegen Südkorea, beide Partien endeten 1:0. Was folgte, ist bekannt, das verpasste Endspiel wegen der Gelbsperre, der vierte vergeigte Titel innerhalb von 57 Tagen.
Dass Ballack alle Finals verlor, ändert nichts an der Einstufung in die Weltklasse, vor seinen Nationalmannschaftskollegen Hamann und Ramelow in der Internationalen Klasse. Dass dahinter Sebastian Kehl Im weiteren Kreis steht, zeigt: Auf keiner Position ist Völlers
Team so stark besetzt wie im defensiven Mittelfeld.
Wer warum wo steht
Carsten Ramelow
Die, die es immer noch nicht glauben wollten, mussten es nach WM-Halbfinale und -End- spiel einsehen: Dieser Ramelow ist ein Klassemann. Auch wenn er nicht so zaubert wie Zé Roberto, nicht so torgefährlich ist wie Ballack. Zweikampfstärke, Übersicht, Cleverness - das sind die Vorzüge, die den Leverkusener in die Internationale Klasse gebracht haben.
Sebastian Kehl
Schafft er in Dortmund den Durchbruch? Wird er ein Großer? Die Halbserie, die Sebastian Kehl hingelegt hat, lässt beide Fragen mit "Ja" beantworten. Der 22- Jährige übernahm beim BVB sofort Verantwortung, überzeugte bei schwierigen Auftritten wie dem bei den Bayern besonders. Und gleich bei seinem WM-Debüt gab er gegen Paraguay Kommandos. Ein bisschen mehr Konstanz auf diesem hohen Niveau - dann steht Kehl bald da, wo Hamann und Ramelow jetzt stehen.
Silvio Meißner
Sechs Tore im Jahr 2002 - von den Kollegen aus dem defensiven Mittelfeld weist nur Michael Ballack eine bessere Bilanz auf. Gemeinsam mit Zvonimir Soldo sorgte Meißner in der Stuttgarter Defensive für Ordnung, kein VfB-Profi geht so kompromisslos in die Zweikämpfe wie er. Deutliche Steigerung im Vergleich zur Vorrunde - deshalb diesmal Im weiteren Kreis statt im Blickfeld.
Radoslav Kaluzny
Gerade so hatte der Cottbuser nach der Vorrunde den Sprung ins Blickfeld geschafft, diesmal war seine Nominierung in die Rangliste unbestritten, selbst die in den Weiteren Kreis. Noch größer war sein Aktionsradius, noch effektiver seine Kopfballstärke. Diese Stärken brachten den Polen bis zur WM, bei der er 81 Minuten bestritt.
Thorsten Fink
Effenberg, Jeremies, Scholl, Hargreaves, Niko Kovac - groß war das Mittelfeldangebot für Ottmar Hitzfeld, und doch setzte er in 13 von 16 Bundesligaspielen nach der Winterpause auf Thorsten Fink. Der Oldie dankte es mit einem Notenschnitt von 3,38 und einem gewohnt ordentlichen Job als fleißige Arbeitsbiene.
Der Beständige
Nicht nur während der WM hat Dietmar Hamann, 28, seine Extraklasse bewiesen, auch im Team des FC Liverpool bekleidet er die Rolle eines Schlüsselspielers. Hamann kontrolliert das Geschehen im Mittelfeld mit Übersicht, Spielverständnis und Intelligenz. Dazu gesellt sich Konstanz - schon seine Vorrunde war Internationale Klasse. Wäre er einen Tick torgefährlicher, stünde er da, wo Michael Ballack steht: In der Weltklasse.
Der Rückkehrer
Es war die Winter-Rangliste 2000/ 01, in der der Name Beinlich letztmals aufgetaucht ist. Immer wieder durch Verletzungen und kleinere Wehwehchen gestoppt, fand der Berliner nie zu seinem Rhythmus. Das änderte sich in der Rückserie 2001/02. Endlich mal wieder über einen längeren Zeitraum fit, überzeugte der 30-Jährige im halblinken defensiven Mittelfeld als ideenreicher Passgeber mit glänzender Übersicht.
Der Neuling
Miroslav Karhan, 26, ist einer dieser typischen defensiven Mittelfeldexperten. Unauffällig und unspektakulär verrichtet der Wolfsburger seine Arbeit, umso effizienter ist seine Spielweise. Der sl
owakische Nationalspieler ist laufstark, beweist viel Übersicht und hat einen guten Schuss. Nur nutzt er den zu wenig, sein Vorwärtsdrang ist begrenzt. Zur ersten Nominierung in die Rangliste hat's freilich dennoch locker gereicht.
Der Absteiger
Als Nummer sieben war Daniel Borimirov (32, 1860 München) in der Winter-Rangliste notiert. Doch der konstant guten Vorrunde ließ der Bulgare ein Leistungsloch folgen, ein Notenschnitt von 3,80 war zu schlecht für eine Nominierung. Genau so erging es Ratinho (31, Kaiserslautern) - im Winter Im weiteren Kreis, diesmal überhaupt nicht dabei. Wie übrigens mit Owen Hargreaves (21, Bayern München) auch ein WM-Fahrer.
Gastkommentar von Guido Buchwald
Ich bin sehr einverstanden mit der kicker- Rangliste. Nur in einem Fall hätte ich anders entschieden: Sebastian Kehl gehört in die Internationale Klasse. Er hat entscheidenden Anteil am Titelgewinn des BVB. Wie er das Ruder an sich gerissen und Spiele fast im Alleingang umgedreht hat - beeindruckend.
Viel beeindruckender war natürlich Michael Ballack. Er hat Topleistungen gebracht, im Verein und in der Nationalelf, ist fußballerisch stark und torgefährlich. Das war Weltklasse. Ich kann mir vorstellen, wie schwer es ist, einem Spieler eine solch hohe Auszeichnung zukommen zu lassen. Und dazu will ich grundsätzlich etwas sagen: Wir sollten in Deutschland aufhören, die Spieler der Bundesliga immer so kritisch und andere im Ausland so positiv zu sehen. Ein Michael Ballack muss alle paar Tage sein Können zeigen. Vor einem Millionenpublikum im TV und im Stadion. Da wird auch mal eine schlechtere Leistung wahrgenommen. Ein Zidane, ein Figo oder andere Weltstars bekommen wir nur alle paar Wochen zu sehen. In Ausschnitten oder sogar nur in High- lights. Deren schwächere Phasen oder Fehler fallen dann einfach untern Tisch. Und hinterher heißt es immer: Die sind Weltklasse.
Gefreut habe ich mich, dass der Münchner Jens Jeremies wieder in der Rangliste auftaucht. Es geht aufwärts für ihn, nächstes Mal wird er wieder in der Internationalen Klasse zu finden sein. Da, wo Ramelow und Hamann bereits zu Recht stehen.
Auffällig ist, dass von den Absteigern St. Pauli, Köln und Freiburg kein Spieler in der Rangliste vertreten ist. Dagegen stellen die Topteams mindestens einen. Ein Beweis dafür, wie wichtig diese Position für eine Mannschaft ist."
Guido Buchwald (41), Weltmeister 1990, bestritt von 1983 bis '98 insgesamt 334 Bundesligaspiele für den VfB Stuttgart und den KSC.