Bronson
Neuling
Spielekultur Japan
Mit Hingabe rollen Japaner an ihrer Konsole virtuelles Sushi oder schieben klebrige Noppenbälle durch die Gegend. Mancher spielt auch gern softpornografisches Beachvolleyball. Doch wer sich selbst aufmacht in das Heimatland der Videogames, erkennt, dass ihre Spiele für Japaner alles sind - nur nicht kurios.
Tokio an einem ganz normalen Wochentag im Mai. Mit der Hibija-U-Bahnlinie kommt man in den Osten von Japans Hauptstadt in den Bezirk Chiyoda-Ku. An der Haltestelle H15 drängeln knapp hundert Fahrgäste zur Rolltreppe. Rechts stehen, links gehen. Oben angekommen, zeigen grüne Pfeile zum Ausgang. Dort beseitigt ein großes Schild jeden Zweifel, wo man sich befindet: "Akihabara Electric Town" steht in großen Lettern darauf. Dieser Stadtteil ist das Dorado jedes "urban explorers".
Wer sich hier auf die Suche nach Videospielen macht, braucht nicht lange, um fündig zu werden. Dutzende Technik-, Elektronik- und Hobbyläden säumen die große Hauptstraße Chuo-Dori und ihre unzähligen Seitengassen. Von der Leuchtdiode aus einer Sony-Stereoanlage von 1975 bis zum teuersten neuen Blue-Ray-DVD-Player wird hier einfach alles verkauft.
Die Läden in Denki-gai alias Electric Town führen Videospiele nicht einfach nur im Sortiment. Endlose Regalreihen mit eingeschweißten Spielen erstrecken sich etagenweise in den Geschäften, gut sortiert nach Genre, Plattform und Hersteller. Fast schon antiquarische Spiele für NES oder Dreamcast stehen dort neben aktuellen Top-Titeln. Die Plakate heiß erwarteter Games pflastern die Ladenwände und Treppenaufgänge. Große Flachbildschirme zeigen in der Dauerschleife Gametrailer, und deren Erkennungsmelodien beschallen das ganze Viertel.
Mario und seine Verwandten sind die eigentlichen Bürgermeister von Electric Town. Hier ist alles verspielt. Und wenn zur Abendstunde die Neonreklamen angehen, fühlt man sich wie in einem gigantischen Flipper.
Dabei gehört Spielen an sich und der Umgang mit Videospielen nicht nur in Akihabara zum alltäglichen Bild: Erwachsene Männer mit Anzug und Krawatte spielen in der U-Bahn mit ihrem Gameboy und verbringen Mittagspause und Feierabend in Spielhallen. Vor den Abendnachrichten gibt es keine Waschmittelreklame, sondern Werbespots aus der Videospielindustrie. Und die Börsenkurse von Nintendo, Sony und vielen Publishern sind den Zeitungen Coverstorys wert.
Die neuesten PS2- oder Gamecube-Titel werden fast überall in Convenient-Stores verkauft, die 24 Stunden geöffnet haben. Und niemand wundert sich, dass die neue Reklame für Nintendos "The Legend Of Zelda: Four Swords" ältere Damen und Herren beim Zocken im Kimono zeigt.
Die Liebe zum Spielen und besonders das gemeinschaftliche Erlebnis hat für Japaner eine lange Tradition. Auch Shigeru Miyamoto, Erfinder von Mario und Zelda, betont in Interviews immer wieder, dass er Spiele seit jeher ohne Altersbegrenzung entwickelt. Allerdings denken Japaner in erster Linie an Japan, wenn sie etwas erfinden, oder, im Fall von Videospielen, für eine Konsole entwickeln. Wenn wir von ihrem Land als "Fernem Osten" sprechen, empfinden Japaner dies als Beleidigung. Für sie ist Nippon das Zentrum der Welt, und so verwundert es nicht, dass viele Computerspiele aus Sicht eines Europäers sehr seltsam wirken. Doch spielen Japaner wirklich ganz andere Spiele als wir?
Ein Blick auf die Einwohnerzahl Tokios und das Kaufverhalten der Japaner liefert eine erste Antwort auf die Frage nach den Unterschieden in der Spielkultur. Allein die Metropole Tokio zählt mittlerweile rund dreizehn Millionen Einwohner, im Großraum Yokohama, einem Einzugsgebiet von Tokio, leben noch einmal sieben Millionen Menschen.
Akihabara ist der Spielplatz für eine unüberschaubare Anzahl von Konsumenten, die Videospiele als ganz normalen Teil ihrer Unterhaltungskultur verstehen. Die erzielten Gewinne werden von der Industrie nicht nur in Fortsetzungen investiert. Innerhalb dieser Flut von Spielen besteht unter den Konsumenten nämlich auch ein enormer Bedarf an Nischenprodukten, die allerdings erst dann vom Publisher bewilligt werden, wenn Studios dafür auch das finanzielle Rückgrat haben.
Aber genau in diesem kreativen Freiraum entstehen Spielideen, die Videospieler auf der ganzen Welt später um den Verstand bringen. Affen in rollenden Kugeln Bananen einsammeln lassen? Oder einen schnäuzbärtigen Klempner Goldstücke? Die meisten der bisherigen Videospielklassiker sind in Japan erdacht worden, und nur die Spitze des japanischen Software-Eisberges erreicht überhaupt unsere Gefilde.
Mit Hingabe rollen Japaner an ihrer Konsole virtuelles Sushi oder schieben klebrige Noppenbälle durch die Gegend. Mancher spielt auch gern softpornografisches Beachvolleyball. Doch wer sich selbst aufmacht in das Heimatland der Videogames, erkennt, dass ihre Spiele für Japaner alles sind - nur nicht kurios.
Tokio an einem ganz normalen Wochentag im Mai. Mit der Hibija-U-Bahnlinie kommt man in den Osten von Japans Hauptstadt in den Bezirk Chiyoda-Ku. An der Haltestelle H15 drängeln knapp hundert Fahrgäste zur Rolltreppe. Rechts stehen, links gehen. Oben angekommen, zeigen grüne Pfeile zum Ausgang. Dort beseitigt ein großes Schild jeden Zweifel, wo man sich befindet: "Akihabara Electric Town" steht in großen Lettern darauf. Dieser Stadtteil ist das Dorado jedes "urban explorers".
Wer sich hier auf die Suche nach Videospielen macht, braucht nicht lange, um fündig zu werden. Dutzende Technik-, Elektronik- und Hobbyläden säumen die große Hauptstraße Chuo-Dori und ihre unzähligen Seitengassen. Von der Leuchtdiode aus einer Sony-Stereoanlage von 1975 bis zum teuersten neuen Blue-Ray-DVD-Player wird hier einfach alles verkauft.
Die Läden in Denki-gai alias Electric Town führen Videospiele nicht einfach nur im Sortiment. Endlose Regalreihen mit eingeschweißten Spielen erstrecken sich etagenweise in den Geschäften, gut sortiert nach Genre, Plattform und Hersteller. Fast schon antiquarische Spiele für NES oder Dreamcast stehen dort neben aktuellen Top-Titeln. Die Plakate heiß erwarteter Games pflastern die Ladenwände und Treppenaufgänge. Große Flachbildschirme zeigen in der Dauerschleife Gametrailer, und deren Erkennungsmelodien beschallen das ganze Viertel.
Mario und seine Verwandten sind die eigentlichen Bürgermeister von Electric Town. Hier ist alles verspielt. Und wenn zur Abendstunde die Neonreklamen angehen, fühlt man sich wie in einem gigantischen Flipper.
Dabei gehört Spielen an sich und der Umgang mit Videospielen nicht nur in Akihabara zum alltäglichen Bild: Erwachsene Männer mit Anzug und Krawatte spielen in der U-Bahn mit ihrem Gameboy und verbringen Mittagspause und Feierabend in Spielhallen. Vor den Abendnachrichten gibt es keine Waschmittelreklame, sondern Werbespots aus der Videospielindustrie. Und die Börsenkurse von Nintendo, Sony und vielen Publishern sind den Zeitungen Coverstorys wert.
Die neuesten PS2- oder Gamecube-Titel werden fast überall in Convenient-Stores verkauft, die 24 Stunden geöffnet haben. Und niemand wundert sich, dass die neue Reklame für Nintendos "The Legend Of Zelda: Four Swords" ältere Damen und Herren beim Zocken im Kimono zeigt.
Die Liebe zum Spielen und besonders das gemeinschaftliche Erlebnis hat für Japaner eine lange Tradition. Auch Shigeru Miyamoto, Erfinder von Mario und Zelda, betont in Interviews immer wieder, dass er Spiele seit jeher ohne Altersbegrenzung entwickelt. Allerdings denken Japaner in erster Linie an Japan, wenn sie etwas erfinden, oder, im Fall von Videospielen, für eine Konsole entwickeln. Wenn wir von ihrem Land als "Fernem Osten" sprechen, empfinden Japaner dies als Beleidigung. Für sie ist Nippon das Zentrum der Welt, und so verwundert es nicht, dass viele Computerspiele aus Sicht eines Europäers sehr seltsam wirken. Doch spielen Japaner wirklich ganz andere Spiele als wir?
Ein Blick auf die Einwohnerzahl Tokios und das Kaufverhalten der Japaner liefert eine erste Antwort auf die Frage nach den Unterschieden in der Spielkultur. Allein die Metropole Tokio zählt mittlerweile rund dreizehn Millionen Einwohner, im Großraum Yokohama, einem Einzugsgebiet von Tokio, leben noch einmal sieben Millionen Menschen.
Akihabara ist der Spielplatz für eine unüberschaubare Anzahl von Konsumenten, die Videospiele als ganz normalen Teil ihrer Unterhaltungskultur verstehen. Die erzielten Gewinne werden von der Industrie nicht nur in Fortsetzungen investiert. Innerhalb dieser Flut von Spielen besteht unter den Konsumenten nämlich auch ein enormer Bedarf an Nischenprodukten, die allerdings erst dann vom Publisher bewilligt werden, wenn Studios dafür auch das finanzielle Rückgrat haben.
Aber genau in diesem kreativen Freiraum entstehen Spielideen, die Videospieler auf der ganzen Welt später um den Verstand bringen. Affen in rollenden Kugeln Bananen einsammeln lassen? Oder einen schnäuzbärtigen Klempner Goldstücke? Die meisten der bisherigen Videospielklassiker sind in Japan erdacht worden, und nur die Spitze des japanischen Software-Eisberges erreicht überhaupt unsere Gefilde.