Bronson
Neuling
Von Klaus-Peter Kerbusk und Thomas Lindemann
Mit einem Frontalgriff auf den Erzkonkurrenten Nintendo eröffnet Sony eine neue Phase im Kampf um die Vorherrschaft auf dem weltweit boomenden Markt für Videospiele.
Es war kalt und noch dunkel, doch die ersten Kunden waren schon Stunden vor Geschäftsbeginn zur Stelle. Und als dann um sechs Uhr morgens ausgewählte Elektronikläden in Japan ihre Pforten öffneten, standen bis zu tausend Kunden in der Schlange.
Das Objekt ihrer Begierde war ein handgroßer, schwarzer Kasten, gut ein halbes Pfund schwer. Auf der einen Seite des Flachmanns befindet sich ein knapp elf mal elf Zentimeter großer Bildschirm, und auf der Rückseite leuchten in silbernen Lettern die drei Buchstaben PSP - Playstation Portable, das neueste Videospielzeug aus dem Hause des Elektronikriesen Sony.
An diesem dritten Adventssonntag hatten die Sony-Manager allen Grund zum Strahlen. Innerhalb weniger Stunden hatte der japanische Multi rund 200.000 PSP-Geräte zum Stückpreis von umgerechnet etwa 150 Euro verkauft.
Bis Ende des Jahres soll eine halbe Million PSPs in Japan abgesetzt werden. Danach soll die Produktion so hoch laufen, dass der schwarze Kasten auch in den USA und Europa in die Läden kommen kann. Allein bis zum Ende des Geschäftsjahres am 31. März 2005 will Sony rund drei Millionen Daddelkisten in den Markt drücken.
Der Verkaufsstart der tragbaren Playstation markiert eine neue Phase im Konkurrenzkampf der Spielegiganten Sony und Nintendo - und dabei geht es um weit mehr als ein simples Elektronikspielzeug. Für beide Konzerne steht womöglich sogar die Zukunft des Unternehmens auf dem Spiel.
Lange Zeit hatte Pionier Nintendo, der 1989 mit dem Taschenspieler Game Boy die neue Ära der Videospiele einläutete, den Markt fast allein beherrscht und damalige Konkurrenten wie Sega oder Atari stets auf Distanz halten können. Doch als Sony 1994 mit der Playstation den Markt aufrollte und auch ältere Spieler als Zielgruppe erschloss, war es vorbei mit der Spitzenposition und den hohen Gewinnen.
Mehr und mehr musste Nintendo dem Aufsteiger Sony das Feld überlassen - zumindest im Geschäft mit Spielkonsolen, die an den Fernseher angeschlossen werden. Nur dank des mobilen Klassikers Game Boy und seiner Nachfolger überlebte der Pionier. An die 200 Millionen Geräte hat Nintendo weltweit vor allem an die Kids verkauft. Doch inzwischen gilt das technische Konzept des Urvaters von "Super Mario" als überholt.
Auch Sony-Chef Nobuyuki Idei steht unter starkem Erfolgsdruck - trotz des Siegeszugs der Playstation, von der der Konzern mittlerweile mehr als 100 Millionen Geräte abgesetzt hat. Denn Sony hat in seinem Kerngeschäft gefährlich an Schwung verloren, der Umsatz stagniert, die Gewinne sind dramatisch gefallen.
Doch ausgerechnet in der Krise zeigt die lukrative Spielesparte, die zwar nur zehn Prozent zum Umsatz, aber zeitweise mehr als die Hälfte zum Gewinn des Gesamtkonzerns beitrug, starke Schwächesymptome: Im letzten Geschäftsjahr sank der Spieleumsatz um 18 Prozent, der Gewinn reduzierte sich gar um 40 Prozent.
Der Absturz ist die Folge des verschärften Konkurrenzkampfs, denn seit drei Jahren mischt ein weiterer Gigant im globalen Game-Business mit: der amerikanische Software-Riese Microsoft. Zwar blieb Firmengründer Bill Gates mit seiner Xbox der große Erfolg bislang versagt - nur etwa 20 Millionen Konsolen wurden seit November 2001 verkauft.
Aber anders als Nintendo und Sony verfügt Gates über nahezu unbegrenzte Finanzreserven und kann so die Konkurrenten aus Japan mächtig unter Druck setzen. Und das tut er auch, obwohl Microsoft bis heute noch keinen Cent mit der Xbox verdient hat.
Aktuell verkauft Microsoft seine Xbox, die anfangs in Deutschland fast 500 Euro kostete, für nur noch knapp 150 Euro. Der US-Konzern zwang Sony damit ebenfalls zu schmerzhaften Preissenkungen.
Um dem Druck auszuweichen, setzt Sony-Chef Idei jetzt alle Hoffnungen auf das Geschäft mit den tragbaren Konsolen. Hier herrscht Nintendo noch immer über 90 Prozent des Weltmarkts. Doch anders als vor zehn Jahren sind die Nintendo-Bosse diesmal besser gerüstet.
Die erste Runde haben sie sogar schon für sich entschieden. Denn während Sony seine neue Waffe nur ganz knapp vor Weihnachten in die Geschäfte bringen konnte und in den USA, dem größten Spielemarkt der Welt, überhaupt noch nicht vertreten ist, kam Nintendo schon einige Wochen zuvor mit einem Nachfolger für den angejahrten Gameboy auf den Markt.
DS (Dual Screen) heißt der 110 Euro teure Taschenspieler, mit dem Nintendo an den Erfolg seines Klassikers anknüpfen will. Zumindest der Start in den USA und in Japan verlief hervorragend, und auch die Vorbestellungen aus Europa, wo das Spielzeug Anfang 2005 herauskommen soll, sind vielversprechend. Bis zum Ende des Geschäftsjahres am 31. März soll der Absatz auf fünf Millionen steigen - und damit weit über dem von Sonys PSP liegen.
Dabei ist der Kampf um die Vorherrschaft auf dem Hardware-Markt nur die Grundlage für ein viel lukrativeres Geschäft: Das große Geld wird mit der Spiele-Software verdient. Weltweit etwa 20 Milliarden Euro, so schätzen Marktforscher, geben die Fans im laufenden Jahr dafür aus. Damit übertraf die Branche bereits die Umsätze mit Kinokarten und DVDs.
Nicht selten werden wichtige Neuerscheinungen auch mit ähnlichem Medienwirbel angekündigt wie große Hollywood-Produktionen und auf glamourösen Galaveranstaltungen mit prominenten Gästen - "Abendgarderobe erwünscht" - präsentiert. So stellte Microsoft für die Einführung des Xbox-Spiels "Halo 2" einen Marketingetat in zweistelliger Millionenhöhe zur Verfügung und engagierte unter anderem die Media-Spezialisten der Firma Ant Farm, die zuvor die Trai- ler für den Hollywood-Blockbuster "Der Herr der Ringe" oder die Harry-Potter-Filme entwickelt hatte.
Der Aufwand für den Nachfolger der Urversion von "Halo", bei dem ein durch Gentechnik gestählter Supersoldat die Erde vor angreifenden Alien-Horden aus dem Weltall retten muss, hat sich gelohnt. Als das Spiel am ersten November-Wochenende gleichzeitig weltweit in die Läden kam, verkaufte Microsoft rund 1,5 Millionen Kopien des Action-Spektakels, das in Deutschland erst für Jugendliche ab 16 freigegeben ist. Mit Einnahmen von mehr als 120 Millionen Dollar spielte "Halo 2" dabei deutlich mehr ein als jede Hollywood-Produktion an einem Startwochenende.
Die Deutschen dagegen bevorzugten lange Zeit vor allem Simulationen wie "Die Sims" oder "Die Siedler". Zwar wächst auch hier der Anteil der Spielkonsolen, bei denen Action- und Sportspiele die Renner sind. Im Vergleich mit Ländern wie England oder Frankreich gibt es in den Augen der Marketingexperten aber immer noch große Wachstumschancen.
Dass die aber nicht so schnell realisiert werden können, liegt nach Ansicht von Microsoft-Manager Stephan Brechtmann an der "mangelnden gesellschaftlichen Akzeptanz" der Videospiele: "Wir gelten als die Schmuddelkinder der Unterhaltungsbranche."
Der Grund dafür seien paramilitärische Spiele, sogenannte Ego-Shooter wie "Doom" oder "Far Cry", die in der öffentlichen Diskussion eine große Rolle spielen - in Wahrheit aber nur einen Bruchteil zum Gesamtumsatz der Branche beitrügen. "Das ist so", klagt Brechtmann, "als würde man behaupten, in Hollywood würden nur Horrorfilme gedreht."
Zumindest unter Investoren scheint sich ein Meinungswandel abzuzeichnen. So behauptet die Hamburger Investmentgesellschaft Atlantic, die bislang auf Schiffsbeteiligungen spezialisiert war: "Die Videospielbranche ist erwachsen geworden."
Anleger, die mindestens 100.000 Euro lockerhaben, sollten sich deshalb über einen speziellen Fonds "eine unternehmerische Beteiligung am boomenden Markt der PC- und Videospiele" sichern. Denn, so behaupten die Fondsmanager: "Das Wachstum ist unbegrenzt."
Quelle
Mit einem Frontalgriff auf den Erzkonkurrenten Nintendo eröffnet Sony eine neue Phase im Kampf um die Vorherrschaft auf dem weltweit boomenden Markt für Videospiele.
Es war kalt und noch dunkel, doch die ersten Kunden waren schon Stunden vor Geschäftsbeginn zur Stelle. Und als dann um sechs Uhr morgens ausgewählte Elektronikläden in Japan ihre Pforten öffneten, standen bis zu tausend Kunden in der Schlange.
Das Objekt ihrer Begierde war ein handgroßer, schwarzer Kasten, gut ein halbes Pfund schwer. Auf der einen Seite des Flachmanns befindet sich ein knapp elf mal elf Zentimeter großer Bildschirm, und auf der Rückseite leuchten in silbernen Lettern die drei Buchstaben PSP - Playstation Portable, das neueste Videospielzeug aus dem Hause des Elektronikriesen Sony.
An diesem dritten Adventssonntag hatten die Sony-Manager allen Grund zum Strahlen. Innerhalb weniger Stunden hatte der japanische Multi rund 200.000 PSP-Geräte zum Stückpreis von umgerechnet etwa 150 Euro verkauft.
Bis Ende des Jahres soll eine halbe Million PSPs in Japan abgesetzt werden. Danach soll die Produktion so hoch laufen, dass der schwarze Kasten auch in den USA und Europa in die Läden kommen kann. Allein bis zum Ende des Geschäftsjahres am 31. März 2005 will Sony rund drei Millionen Daddelkisten in den Markt drücken.
Der Verkaufsstart der tragbaren Playstation markiert eine neue Phase im Konkurrenzkampf der Spielegiganten Sony und Nintendo - und dabei geht es um weit mehr als ein simples Elektronikspielzeug. Für beide Konzerne steht womöglich sogar die Zukunft des Unternehmens auf dem Spiel.
Lange Zeit hatte Pionier Nintendo, der 1989 mit dem Taschenspieler Game Boy die neue Ära der Videospiele einläutete, den Markt fast allein beherrscht und damalige Konkurrenten wie Sega oder Atari stets auf Distanz halten können. Doch als Sony 1994 mit der Playstation den Markt aufrollte und auch ältere Spieler als Zielgruppe erschloss, war es vorbei mit der Spitzenposition und den hohen Gewinnen.
Mehr und mehr musste Nintendo dem Aufsteiger Sony das Feld überlassen - zumindest im Geschäft mit Spielkonsolen, die an den Fernseher angeschlossen werden. Nur dank des mobilen Klassikers Game Boy und seiner Nachfolger überlebte der Pionier. An die 200 Millionen Geräte hat Nintendo weltweit vor allem an die Kids verkauft. Doch inzwischen gilt das technische Konzept des Urvaters von "Super Mario" als überholt.
Auch Sony-Chef Nobuyuki Idei steht unter starkem Erfolgsdruck - trotz des Siegeszugs der Playstation, von der der Konzern mittlerweile mehr als 100 Millionen Geräte abgesetzt hat. Denn Sony hat in seinem Kerngeschäft gefährlich an Schwung verloren, der Umsatz stagniert, die Gewinne sind dramatisch gefallen.
Doch ausgerechnet in der Krise zeigt die lukrative Spielesparte, die zwar nur zehn Prozent zum Umsatz, aber zeitweise mehr als die Hälfte zum Gewinn des Gesamtkonzerns beitrug, starke Schwächesymptome: Im letzten Geschäftsjahr sank der Spieleumsatz um 18 Prozent, der Gewinn reduzierte sich gar um 40 Prozent.
Der Absturz ist die Folge des verschärften Konkurrenzkampfs, denn seit drei Jahren mischt ein weiterer Gigant im globalen Game-Business mit: der amerikanische Software-Riese Microsoft. Zwar blieb Firmengründer Bill Gates mit seiner Xbox der große Erfolg bislang versagt - nur etwa 20 Millionen Konsolen wurden seit November 2001 verkauft.
Aber anders als Nintendo und Sony verfügt Gates über nahezu unbegrenzte Finanzreserven und kann so die Konkurrenten aus Japan mächtig unter Druck setzen. Und das tut er auch, obwohl Microsoft bis heute noch keinen Cent mit der Xbox verdient hat.
Aktuell verkauft Microsoft seine Xbox, die anfangs in Deutschland fast 500 Euro kostete, für nur noch knapp 150 Euro. Der US-Konzern zwang Sony damit ebenfalls zu schmerzhaften Preissenkungen.
Um dem Druck auszuweichen, setzt Sony-Chef Idei jetzt alle Hoffnungen auf das Geschäft mit den tragbaren Konsolen. Hier herrscht Nintendo noch immer über 90 Prozent des Weltmarkts. Doch anders als vor zehn Jahren sind die Nintendo-Bosse diesmal besser gerüstet.
Die erste Runde haben sie sogar schon für sich entschieden. Denn während Sony seine neue Waffe nur ganz knapp vor Weihnachten in die Geschäfte bringen konnte und in den USA, dem größten Spielemarkt der Welt, überhaupt noch nicht vertreten ist, kam Nintendo schon einige Wochen zuvor mit einem Nachfolger für den angejahrten Gameboy auf den Markt.
DS (Dual Screen) heißt der 110 Euro teure Taschenspieler, mit dem Nintendo an den Erfolg seines Klassikers anknüpfen will. Zumindest der Start in den USA und in Japan verlief hervorragend, und auch die Vorbestellungen aus Europa, wo das Spielzeug Anfang 2005 herauskommen soll, sind vielversprechend. Bis zum Ende des Geschäftsjahres am 31. März soll der Absatz auf fünf Millionen steigen - und damit weit über dem von Sonys PSP liegen.
Dabei ist der Kampf um die Vorherrschaft auf dem Hardware-Markt nur die Grundlage für ein viel lukrativeres Geschäft: Das große Geld wird mit der Spiele-Software verdient. Weltweit etwa 20 Milliarden Euro, so schätzen Marktforscher, geben die Fans im laufenden Jahr dafür aus. Damit übertraf die Branche bereits die Umsätze mit Kinokarten und DVDs.
Nicht selten werden wichtige Neuerscheinungen auch mit ähnlichem Medienwirbel angekündigt wie große Hollywood-Produktionen und auf glamourösen Galaveranstaltungen mit prominenten Gästen - "Abendgarderobe erwünscht" - präsentiert. So stellte Microsoft für die Einführung des Xbox-Spiels "Halo 2" einen Marketingetat in zweistelliger Millionenhöhe zur Verfügung und engagierte unter anderem die Media-Spezialisten der Firma Ant Farm, die zuvor die Trai- ler für den Hollywood-Blockbuster "Der Herr der Ringe" oder die Harry-Potter-Filme entwickelt hatte.
Der Aufwand für den Nachfolger der Urversion von "Halo", bei dem ein durch Gentechnik gestählter Supersoldat die Erde vor angreifenden Alien-Horden aus dem Weltall retten muss, hat sich gelohnt. Als das Spiel am ersten November-Wochenende gleichzeitig weltweit in die Läden kam, verkaufte Microsoft rund 1,5 Millionen Kopien des Action-Spektakels, das in Deutschland erst für Jugendliche ab 16 freigegeben ist. Mit Einnahmen von mehr als 120 Millionen Dollar spielte "Halo 2" dabei deutlich mehr ein als jede Hollywood-Produktion an einem Startwochenende.
Die Deutschen dagegen bevorzugten lange Zeit vor allem Simulationen wie "Die Sims" oder "Die Siedler". Zwar wächst auch hier der Anteil der Spielkonsolen, bei denen Action- und Sportspiele die Renner sind. Im Vergleich mit Ländern wie England oder Frankreich gibt es in den Augen der Marketingexperten aber immer noch große Wachstumschancen.
Dass die aber nicht so schnell realisiert werden können, liegt nach Ansicht von Microsoft-Manager Stephan Brechtmann an der "mangelnden gesellschaftlichen Akzeptanz" der Videospiele: "Wir gelten als die Schmuddelkinder der Unterhaltungsbranche."
Der Grund dafür seien paramilitärische Spiele, sogenannte Ego-Shooter wie "Doom" oder "Far Cry", die in der öffentlichen Diskussion eine große Rolle spielen - in Wahrheit aber nur einen Bruchteil zum Gesamtumsatz der Branche beitrügen. "Das ist so", klagt Brechtmann, "als würde man behaupten, in Hollywood würden nur Horrorfilme gedreht."
Zumindest unter Investoren scheint sich ein Meinungswandel abzuzeichnen. So behauptet die Hamburger Investmentgesellschaft Atlantic, die bislang auf Schiffsbeteiligungen spezialisiert war: "Die Videospielbranche ist erwachsen geworden."
Anleger, die mindestens 100.000 Euro lockerhaben, sollten sich deshalb über einen speziellen Fonds "eine unternehmerische Beteiligung am boomenden Markt der PC- und Videospiele" sichern. Denn, so behaupten die Fondsmanager: "Das Wachstum ist unbegrenzt."
Quelle