WickerMan
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QuelleSPIEGEL: Herr Hoeneß, in regelmäßigen Abständen haben Sie immer wieder den wirtschaftlichen Zusammenbruch Ihrer gesamten internationalen Konkurrenz prophezeit ...
Hoeneß: ... da habe ich wohl nicht immer recht behalten in den vergangenen Jahren.
SPIEGEL: Aber jetzt, im letzten Jahr Ihrer Managertätigkeit bei Bayern München, kommt die Wirklichkeit Ihrer Dauerprognose offenbar so nahe wie nie. Wird der FC Bayern der Krisengewinner sein?
Hoeneß: Auch früher gab es ja schon Clubs, die wegen ihrer Schuldenberge irgendwann nicht mehr mithalten konnten. Denken Sie an den FC Valencia, vor siebeneinhalb Jahren noch unser Finalgegner in der Champions League, oder an Lazio Rom, die spielen international keine Rolle mehr. Aber in dieser Krise jetzt geht es wirklich ans Eingemachte. Ich bin gespannt, was mit dem FC Chelsea passiert. Dass der Herr Abramowitsch, der einen großen Teil seines Vermögens verlor, in diesen Zeiten keine Lust mehr hat, jedes Jahr über 100 Millionen Euro in den Fußball zu stecken, kann ich mir gut vorstellen.
SPIEGEL: Die englische Premier League rechnet aber immer noch mit steigenden Fernsehgeldern, die neue Investoren locken könnten. Und speziell Chelsea hat zwar rund 800 Millionen Euro Schulden bei Abramowitsch, besitzt aber wertvolle Grundstücke in London.
Hoeneß: Das hatten wir ja schon mal mit Real Madrid. Die haben sich mit dem Verkauf ihres Trainingsgeländes saniert, aber nun sind die 500 Millionen, die sie bekommen haben, auch wieder weg. Und was verkaufen sie jetzt? Am Ende muss cash gezahlt werden, und hier haben wir es nicht einfach mit einer Konjunkturdelle zu tun. Vielleicht bekommen wir eine Wirtschaftskrise wie in den dreißiger Jahren. In Europa haben das die Politiker viel zu spät erkannt. Im November habe ich einen Vortrag beim Arbeitgeberverband gehalten und gesagt: Wir stehen vor der größten Problematik seit dem Zweiten Weltkrieg. Die haben mich alle angeschaut, als ob ich bescheuert wäre.
SPIEGEL: Bei Scheich Mansur Bin Sajid aus Abu Dhabi, dem neuen Besitzer von Manchester City, ist die Krise offenbar nicht angekommen. Er kaufte mal eben für 18 Millionen Euro den Hamburger Nigel de Jong, für Mailands Brasilianer Kaká bot er 120 Millionen und ein Jahresgehalt von 15 Millionen Euro netto.
Hoeneß: Wir haben uns erkundigt. Der Mann hat wirklich Geld und ist seriös. Ich bin sicher: In sechs Monaten wird sich die Fußballwelt, was die Besitzverhältnisse bei manchen Clubs anbelangt, ziemlich verändert haben.
SPIEGEL: Und beim FC Bayern ist das legendäre Festgeldkonto prall genug gefüllt, um die schweren Zeiten zu meistern?
Hoeneß: Bevor wir vor eineinhalb Jahren viel Geld in neue Spieler investiert haben, hatten wir da mal 150 Millionen Euro drauf. Aber nun bekommt man beim Festgeld nur noch zwei, drei Prozent Zinsen, und auf der anderen Seite haben wir ja das Münchner Stadion übernommen. Für die Allianz-Arena müssen wir sieben, acht Prozent Zinsen zahlen. Da wäre es dumm, hätten wir nicht etwas vom Festgeldkonto in den Schuldendienst gesteckt.
SPIEGEL: Ist der deutsche Fußball dennoch für die Krise gerüstet?
Hoeneß: Im Verhältnis zu anderen Ligen ist die Bundesliga gut finanziert. Wir wissen aber nicht, wie sich die Zuschauer verhalten, wenn wir ein großes Arbeitslosenproblem bekommen sollten. Werden die Leute wie zuvor sagen: Das Vergnügen Fußball lasse ich mir nicht nehmen? Und was macht ein Sponsor, der in einer Zeit, in der er Tausende Leute entlassen muss, zu entscheiden hat, ob er einen Vertrag mit einem Bundesligaclub verlängert? Das kann niemand sagen.
Wird sich durch die Wirtschaftskrise die Zusammensetzung internationaler Wettbewerbe verändern? Welche Clubs könnten von der Bildfläche verschwinden?