Ich wiederum bezweifle, dass VR-Games der Heilbringer für mich sein werden und ob Spiele mehr Spaß machen, nur weil ich eine Brille trage. Ja, das Erlebnis wird ein anderes sein, aber mich schreckt es irgendwie ab. Meine ersten Erfahrungen mit Playstation VR waren nett, aber niemals würden sie das reguläre Zocken von der Couch aus ersetzen.
Das bringt mich zum Kernthema: Spaß. Egal, was ich spiele, es darf sich nicht nach "Arbeit" anfühlen. Ähnlich wie in einem Buch oder Film muss mich die Grundthematik interessieren. Das Spiel muss mir im Idealfall ein neues Spielerlebnis bieten, das ich nicht schon von zig anderen Games kenne. Zumindest muss es bei ähnlichem Gameplay (und nach 30 Jahren Zockerfahrungen hat man da doch schon fast alles gesehen) eine gute Story haben. Das Spiel und seine Aufgaben dürfen nicht nerven.
Mammutgames, Open Worlds und 100-Stunden-RPGs fühlen sich inzwischen leider nach Arbeit an. Viele Next-Gen-Titel versprechen mir derzeit nichts, was ich mit der Current Gen nicht auch haben könnte. Ein Dilemma.
Warum ist Retro so in Mode? Warum verkaufen sich im Jahr 2020 Spiele im 8-Bit-Look? Warum wollen Spieler ein neues "Wave Race", ein neues "F-Zero", ein neues "Metroid"? Der Grund ist nicht etwa Innovation, der Grund liegt im Rückerleben der eigenen Kindheit, ein bisschen noch einmal das sein, was man einmal gewesen ist. Noch einmal diese Welten erkunden, fasziniert sein vom Erleben, noch einmal das Gefühl haben, zwölf Jahre alt zu sein, wenn man mit Samus Aran durch die Katakomben von Zebes stapft.
Schau ich mein Spieleregal an, so fällt mir auf, dass jetzt doch die meisten Spiele vor sich hinplätschern. Denke ich an meine größten Videospielmomente zurück, denke ich vor allem an die SNES-Ära, aber auch an die Zeit mit N64, Dreamcast und Co. Ja, auch danach gab es schöne Spielerlebnisse. Nur verblassen diese Erinnerungen je aktueller die Spiele werden. Es fehlt mir an Substanz - oder an möglichen Verknüpfungen mit Echtzeiterinnerungen. Beispiel Dreamcast-Ära: Ich erinnere mich, dass ich die Konsole bekam, als meine Eltern in Urlaub waren, ich erinnere mich an Media-Markt-Sessions, die Jahrtausendwende und meine ersten Fahrtstunden im Auto. Ich erinnere mich an ein Lebensgefühl.
Ich denke hinter der Zockunlust steckt einfach mit die Tatsache, dass wir zwar gute Spiele bekommen, dieser Lebensbezug jedoch fehlt oder keine Verknüpfung zwischen Games und Realität stattfindet. Und dann gibt es doch das ein oder andere Spiel, das in uns etwas auslöst und eine Brücke zum echten Leben baut. Hier habe ich sogar ein aktuelles Beispiel: In der Hochzeit der Coronakrise, April 2020, hab ich "Ni No Kuni 2" durchgespielt. Dies kommt mir immer mal wieder in den Sinn. Bei den Vätern hier bleiben gewiss vor allem jene Spiele haften, die ihr zusammen mit euren Kindern spielt. Und wer weiß - wenn diese mal erwachsen sind und das Elternhaus verlassen haben, schließt ihr vielleicht mal wieder die Switch an, legt "Super Mario Odyssey" rein und erinnert euch an die Zeit zurück, als ihr das Spiel mit euren Kindern gespielt habt.